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AutorenbildSusann Seifert

Strukturwandel im Altenburger Land: Eine Chance für alle

Aktualisiert: 26. Sept.

– aber nur, wenn wir die Menschen mitnehmen

Das Altenburger Land befindet sich im Wandel: Der Ausstieg aus der Kohleverstromung verändert(e) nicht nur die Wirtschaft, sondern auch das Leben vieler Menschen vor Ort. Der Bund hat mit dem „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ 90 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um diesen sogenannten Strukturwandel bis 2038 zu begleiten. Doch wie bei allen großen Veränderungen gibt es Herausforderungen – und sie sind nicht nur technischer, sondern vor allem gesellschaftlicher Natur. Viele Bürgerinnen und Bürger fühlen sich nicht ausreichend informiert und beteiligt, während Großprojekte beschlossen werden, die ihre Heimat grundlegend verändern sollen.


Was bisher geschah: Ein ambitioniertes Programm mit vielen Chancen

Die Förderung durch den Bund hat klare Ziele: neue Arbeitsplätze schaffen, die Region wirtschaftlich umstrukturieren und den Strukturwandel aktiv gestalten. Doch nicht jeder in der Region fühlt sich von diesen Maßnahmen angesprochen oder profitiert unmittelbar davon. Fünf große Leitprojekte wurden bereits am 17. Februar 2021 vom Kreistag beschlossen, darunter der viel diskutierte Industriepark Altenburg-Windischleuba, das Bildungs- und Dienstleistungscenter 4.0, die touristische Weiterentwicklung am Haselbacher See, das Reallabor für Mobilität am Flugplatz Altenburg-Nobitz und das Kreativzentrum „El Botón“ in Schmölln.


Diese Projekte klingen nach einer vielversprechenden Zukunft – aber was ist mit den Menschen, die sich nicht gehört fühlen?

Der Strukturwandel kann nur dann gelingen, wenn wir ihn gemeinsam gestalten. Das bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht nur informiert, sondern aktiv einbezogen werden. Doch genau hier hapert es derzeit.


Ein Industriepark spaltet die Gemüter

Es ist kein Geheimnis, dass viele Menschen im Altenburger Land der Politik kritisch gegenüberstehen. Die Pläne für den Industriepark Altenburg-Windischleuba sind für einige der pure Fortschritt – Arbeitsplätze, Steuereinnahmen, wirtschaftlicher Aufschwung. Für andere aber klingen sie wie ein Albtraum: versiegelte Böden, mehr Verkehr, weniger Natur. Auf beiden Seiten gibt es berechtigte Argumente, doch das eigentliche Problem liegt woanders: Wo war die echte Bürgerbeteiligung? Wurden die Anwohner frühzeitig gefragt, ob und wie sie dieses Projekt unterstützen könnten? Echte Demokratie lebt vom Dialog – und der ist hier oft auf der Strecke geblieben.


Oberbürgermeister André Neumann pflegt in vielen Bereichen eine transparente Arbeitsweise und informiert die Bürger regelmäßig über seine Arbeit. Er sucht den Austausch und betont die öffentliche Diskussion. Doch bei Großprojekten wie dem Industriepark braucht es noch mehr als das: frühzeitige Einbindung der Bürger, offene Diskussionen und die Möglichkeit, wirklich etwas zu bewirken. Es darf nicht sein, dass die Menschen erst durch Proteste auf dem Markt Gehör finden.


Krisen als Chance für die Region

Der Strukturwandel ist keine einfache Zeit, aber er bietet die Gelegenheit, das Altenburger Land neu zu gestalten. Die Kohlemillionen sollen helfen, die Region zukunftsfähig zu machen. Es geht um neue Wirtschaftszweige, wie die technologische Entwicklung im Bildungs- und Dienstleistungszentrum 4.0 oder die Mobilität der Zukunft am Flugplatz Altenburg-Nobitz. Projekte wie das Kreativzentrum „El Botón“ in der alten Schmöllner Knopffabrik schaffen neue kulturelle Räume, und auch der Tourismus am Haselbacher See wird gefördert.


Doch all diese Projekte werden nur dann ein Erfolg, wenn die Menschen dahinterstehen. Die Wut über die Ablehnung des von der Interessengemeinschaft Erlbach vorgeschlagenen Erlbach-Projekts zeigt, dass noch viel in Sachen Kommunikation getan werden muss. Die ökologische Sanierung und Wiederbelebung der „Erlbach-Quelle“ hätte nach Angaben der Interessengemeinschaft nicht nur Umweltschäden behoben, sondern auch die Lebensqualität der Bürger im direkten Bergbaugebiet verbessert. Das Projekt wurde, trotz positiver Einschätzungen der LEG Thüringen, vom Regionalen Begleitgremium abgelehnt – und das wirft bei der Interessengemeinschaft Fragen auf und zeigt, wie wichtig es ist, dass sich der Wandel gerecht anfühlt. Insbesondere im Hinblick auf die Frage, warum Gebiete wie Altenburg, Schmölln oder Nobitz den Großteil der Fördermittel erhalten, während Projekte, die sich mit den Folgen des Bergbaus auseinandersetzen, abgelehnt werden.


Wie kann es besser laufen?

Der Strukturwandel bietet große Chancen – aber nur, wenn wir alle daran teilhaben können. Es reicht nicht aus, große Projekte hinter verschlossenen Türen zu planen. Die Menschen vor Ort müssen einbezogen werden, ihre Sorgen müssen ernst genommen werden. Transparenz und Bürgerbeteiligung sind die Schlüssel, um das Vertrauen der Menschen zu gewinnen und den Wandel erfolgreich zu gestalten. Und ja, das macht Arbeit.


Hier einige Ideen, wie der Prozess besser laufen könnte:

·       Frühzeitige Einbindung der Bürger: Anstatt Entscheidungen erst nachträglich zu kommunizieren, sollten die Menschen von Anfang an beteiligt werden. Bürgerversammlungen, Informationsveranstaltungen und offene Diskussionen könnten den Prozess transparenter machen.

·       Klarheit über Risiken und Chancen: Es reicht nicht aus, nur die Vorteile eines Projekts zu betonen. Auch die Risiken – wie Flächenversiegelung oder Umweltbelastungen – müssen offen besprochen werden. Nur so können die Menschen die Entscheidungen nachvollziehen.

·       Transparenz bei Entscheidungen: Die Kritik am Erlbach-Projekt zeigt, dass nicht alle Regionen gleichermaßen von den Fördergeldern profitieren. Eine transparente Kommunikation der Entscheidungsgründe kann dazu beitragen, mehr Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung zu schaffen.

·       Kontinuierlicher Dialog: Es reicht nicht aus, einmalig über Projekte zu informieren. Es muss ein fortlaufender Dialog zwischen Bürgern, Verwaltung und Experten stattfinden.


Fazit: Der Strukturwandel – eine Chance, aber nur gemeinsam

Der Strukturwandel im Altenburger Land bietet große Chancen – aber er kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Menschen mitgenommen werden. Projekte wie der Industriepark Altenburg-Windischleuba sind wichtige Bausteine für die Zukunft, doch sie müssen von der Bevölkerung akzeptiert werden. Bürgerbeteiligung, Transparenz und eine gerechte Verteilung der Mittel sind der Schlüssel, um das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen und gemeinsam den Strukturwandel so zu gestalten, dass er nicht nur wirtschaftlichen Erfolg bringt, sondern auch das Leben der Menschen vor Ort nachhaltig verbessert.


Weitere Informationen:


Die Beteiligten:

  • Bundesregierung und Bundestag: Sie haben das Investitionsgesetz Kohleregionen beschlossen, das die rechtlichen und finanziellen Grundlagen für die Strukturhilfen bereitstellt.

  • Thüringer Landesregierung: Die Landesregierung, insbesondere das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft (TMWWDG), ist eng in die Umsetzung der Projekte eingebunden.

  • Interministerielle Arbeitsgruppe „Strukturentwicklung im Altenburger Land“: Vertreter des TMWWDG, des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) und des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft (TMIL) arbeiten zusammen, um die Projekte fachlich zu begleiten.

  • Regionales Begleitgremium: Dieses Gremium, bestehend aus dem Landrat, dem Kreistagsvorsitzenden, dem Oberbürgermeister von Altenburg und den Bürgermeistern der Verwaltungsgemeinschaften, ist entscheidend für die Priorisierung und Bewertung der Projekte.

  • Kreistag Altenburger Land: Der Kreistag beschloss die fünf Leitprojekte und ist verantwortlich für die endgültige Entscheidung über die Fördermittelvergabe.

  • Wirtschaft und Wissenschaft: Verschiedene Unternehmen und Hochschulen aus der Region und darüber hinaus sind ebenfalls in die Umsetzung eingebunden, insbesondere bei technologischen Projekten wie dem Reallabor am Flugplatz Altenburg-Nobitz.


Die Leitprojekte:

  1. Industriepark Altenburg-Windischleuba: Dieses Projekt soll eine 80 Hektar große Fläche in ein Gewerbegebiet verwandeln, auf dem sich überregional bedeutende Unternehmen ansiedeln können. Es verspricht Arbeitsplätze und höhere Gewerbesteuereinnahmen, doch viele Anwohner fürchten den Verlust von Ackerland, zunehmenden Verkehr und eine Belastung der Umwelt.

  2. Bildungs- und Dienstleistungscenter 4.0: Hier entsteht ein Zentrum für moderne Technologien, in dem sich die Menschen der Region weiterbilden und Unternehmen auf innovative Dienstleistungen zurückgreifen können. 3D-Druck, Robotik und Automatisierung – all das klingt nach Zukunft.

  3. Touristische Infrastruktur am Haselbacher See: Der Haselbacher See wird für Touristen aufgewertet, mit neuen Wegen, einem Besucherzentrum und weiteren Freizeitmöglichkeiten. Dies soll den Tourismus ankurbeln und gleichzeitig die Lebensqualität vor Ort verbessern.

  4. Reallabor am Flugplatz Altenburg-Nobitz: Eine Teststrecke für autonomes Fahren und ein Zentrum für unbemannte Luftfahrzeuge sollen die Region zu einem Hotspot für Zukunftstechnologien machen. Hier könnten neue Jobs in Forschung und Entwicklung entstehen.

  5. Kreativzentrum „El Botón“ in Schmölln: Die alte Knopffabrik wird zum Kreativzentrum, ein Treffpunkt für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Es klingt nach einer originellen Idee, um Schmölln kulturell zu beleben und zugleich Arbeitsplätze zu schaffen.


Kreistagsbeschluss (Landkreis Altenburger Land)

 

Programm zur Strukturstärkung des Altenburger Landes (Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft

 

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