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Michael Heim

Stadtakupunktur: neue Energie für die Stadt

Altenburg hat sich durch die vielen Jahrhunderte seiner Geschichte zu einer vielschichtigen und beeindruckenden Stadt mit verschiedensten liebevoll und individuell entwickelten Orten und Geschichten entwickelt, die uns heute zur Verfügung stehen. In der langen Zeit seines Bestehens musste sich die Stadt viele Male erneuern und neu definieren. Doch heute liegen wieder diese Orte brach. Es steht erneut eine Wiederentdeckung und Erneuerung an.

 

Ein Ideenbeitrag von Michael Heim, Haus am Milchberg


Wenn eine Stadt viele Jahrhunderte existiert, gibt es gute Gründe, warum Menschen so lange hier gesiedelt haben. Diese Gründe müssen immer wieder neu gefunden und bestehende revitalisiert werden, damit der Ort lebendig bleibt und weiterlebt. Es liegt ein Potenzial und eine Aufgabe in alten Strukturen, dass sie einen Fundus an Kultur, Tradition, baulicher und organisierter Struktur bereithalten, auf denen aufgebaut werden kann.

 

Es ist wie in der Mode, es wird immer Hosen geben, aber in jeder Mode werden sie anders getragen und interpretiert und so wieder interessant für junge Menschen.

Darin liegt eine Lust auf das Neue, das wir Menschen immer wieder brauchen, um uns lebendig zu fühlen und attraktiv. Nur so kann die Energie entstehen, um den Aufbau und die Weiterführung von alten Strukturen möglich zu machen.

 

Der Blick in die Vergangenheit ist wichtig, um die Energie für die Zukunft zu erhalten. Es sind die Wurzeln, die uns Kraft, Stabilität und Nährstoffe liefern, um die Zukunft zu gestalten.

 

Die Gemeinschaft jeder Zeit hat für sich die Stadt so verändert, angeeignet und erneuert, damit sie lebendig ist und attraktiv, und so von der Zukunft kündet und die Kultur sichtbar macht, die in der Gesellschaft lebt. Altenburg ist stolz auf seine vielen alten Häuser und die historische Stadt. Wir sollten sie nicht nur als Ort zum Bewahren begreifen, sondern mit ihr arbeiten, um nicht nur das Vergangene in ihr zu entdecken, sondern auch die Zukunft. Ohne eine Idee von der Zukunft ist eine lebendige Stadt nicht vorstellbar. Dies gilt im Großen, sowie im Kleinen. Um eine neue Wertschätzung zu entwickeln, werden neue Ideen für die Häuser benötigt.

 

Die Architektur der Stadt ist eine Selbstvergewisserung, dass Zukunft gelingen kann, ja dass sie ein Bild bekommt. Deswegen sollten wir auf die Häuser mit einem frischen Blick schauen und individuell neue Ideen für sie entwickeln, die uns Lust machen, in ihnen zu leben und zu arbeiten. Restauration der alten Strukturen ist dafür nicht ausreichend. Für eine neue Wertschätzung braucht es eine neue Aneignung, die eine Revitalisierung mit sich bringt.

 

Im Zentrum der Stadt stehen viele Häuser leer. Das erste Ziel ist es, diese Häuser wieder wertzuschätzen und mit Leben zu erfüllen. Im Moment scheint hierfür der Tourismus das beste Mittel. Hier kann ein Erlebnis vermittelt werden, an der Stadt teilzunehmen und ihre Geschichte zu erkunden. Dafür muss die individuelle Qualität der Wohnungen für heute herausgearbeitet werden, es müssen ungewöhnliche, attraktive Orte sein, die den Gästen angeboten werden. Wenn die Besucher die Stadt mit einem guten Erlebnis verlassen, werden sie es weitererzählen und wiederkommen.

 

Gerade sehr kleine, ungewöhnliche, unscheinbare Häuser, die für zeitgenössisches Wohnen unattraktiv sind, eignen sich für eine Wiederentdeckung und touristische Nutzung, bei der die Besucher Nachteile. wie z. B. lange Treppen, niedrige Decken, ungewöhnliche, verwinkelte Grundrisse oder ähnliches als positives Erlebnis empfinden. Wenn sie gut ausgestattet werden, mit zeitgenössischem Design, dann wird die Stadt zum Entdeckungsort, tagsüber beim Erkunden, abends in der Wohnung.

 

Solche Orte zu entdecken und zu entwickeln könnte ein Gemeinschaftsprojekt sein, bei dem die Altenburger ihre eigene Stadt neu entdecken und die vielen Geschichten neu erzählen, denn wir sehen die Stadt durch die Augen der Besucher und entdecken sie dabei selbst neu. Bei der „Stadt-Akupunktur“ – einer punktuellen Wiederbelebung einzelner Häuser– werden Orte im Stadtzentrum gesucht und definiert, die bisher unbeachtet blieben, jedoch von besonderer Bedeutung sind.

 

Einer dieser Orte ist das Haus Topfmarkt 6, am Zugang zum Markt und am Beginn des Topfmarktes, unterhalb der zukünftigen Spieleerlebniswelt. Ein unscheinbares Haus, das aus der Häuserreihe hervorsteht und so Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es ist rund 400 Jahre alt und ist vielfach umgebaut worden. In ihm steckt viel Geschichte und Geschichten.

 

Ein altes, unscheinbares Haus in der Stadt Altenburg
Topfmarkt 6, Altenburg

Eine Weiterentwicklung an dieser Stelle hat großen Einfluss auf die Wirkung des Topfmarkes. Sie könnte alte, unsichtbare Strukturen sichtbar machen und tradierte Techniken, wie das Weidenflechten in die Architektur mit aufnehmen. Die alte Holzbauweise würde neu interpretiert und so das Alte mit der Zukunft verbinden. Es kann ein sichtbares Zeichen gesetzt werden, für die Lebendigkeit der Innenstadt und die Zukunftsfähigkeit einer alten Struktur.

 

An der Ecke Topfmarkt, im Erdgeschoss, kann ein kleines Stehcafé einziehen, das die Besucher des Yosephinums begrüßt und eine Orientierung bei der Erkundung der Stadt gibt. In den Obergeschossen würden z. B. Ferienwohnungen eingerichtet, die den Besuchern der Stadt ein modernes Erlebnis alter Architektur ermöglicht.

 

Auf diese Weise kann mit einer kleinen Maßnahme eine vielschichtige Wirkung erzielt werden, die bei dem vielen Leerstand in der Innenstadt einen Impuls und Energie für die Wiederentdeckung des Ortes verleiht und für weitere Projekte inspirieren kann, damit die Fenster auf dem Markt bald nachts wieder leuchten.



Enwurf: Michael Heim, Heim Balp Architekten

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