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Anja Fehre

Ist das Kunst? Oder kann das weg?

Gehört das zur Altenburger Kultur? Ist das Kunst? Oder kann das weg? Ist es vielleicht doch ein Schatz, etwas ganz Besonderes, das es nur hier bei uns gibt? Oder eher nicht? Diese Frage weisen in eine gemeinsame Richtung: Was macht uns und unsere Region eigentlich kulturell aus? Und: wie finden wir überhaupt unsere regionalen Schätze?


Haus am Milchberg, Kriebitzsch

Ganz einfach: Wenn man einen Schatz finden will, geht man auf Schatzsuche. Und man beauftragt diejenigen, die es wissen müssen: die Altenburger! Das Altenburger Land hat kulturell viel zu bieten: Denkmäler, Traditionen und Bräuche, Sprache und Dialekt, Kulinarik, Kunst und Handwerk, Land(wirt)schaft und Architektur oder auch Feste. Das kulturelle Erbe ist reich. So mancher Schatz schlummert noch im Verborgenen.


Um Licht ins Dunkel der verborgenen Kulturschätze zu bringen, entwarfen Susann Seifert und Anja Fehre vom Sozialunternehmen „Erlebe was geht“ (Farbküche und Stadtmensch) im Rahmen des TRAFO*-Projekts „Der fliegende Salon“ ein Format, bei dem bereits viele Menschen aus der Region mitmachen konnten: die „Kulturschatzsuche“.


Im neuen beteiligungsorientierten Salonformat sollen Akteure, Disziplinen und Positionen mutig miteinander verknüpft werden. Der Austausch über Altenburger Kulturgüter und Eigenarten wird lebendig, offen und auch emotional geführt. Dadurch öffnen sich Räume, Gedanken werden freigesetzt und verbinden sich – im besten Falle sind das die Voraussetzungen für kulturelle Innovationen.


Dafür wurden in einer ersten Bewerbungsphase im Februar 2024 Kunst- und Kulturschaffende sowie kulturbegeisterte Bürger und Bürgerinnen gesucht, die Spaß am Entdecken und Lust auf den kulturellen Diskurs über Gesuchtes und Gefundenes haben.

Drei Monate lang waren 27 kulturbegeisterte Menschen auf Schatzsuche im Altenburger Land unterwegs. Alle von ihnen haben sich erfolgreich auf die Ausschreibung beworben, die zu diesem Abenteuer aufrief. Schatzsuche ist Teamarbeit, deswegen durchstöberten die Kulturabenteurer den Landkreis in drei Teams in je einem von drei zuvor definierten Gebieten: im Norden die Region rund um Meuselwitz, in der Mitte das Land rund um Altenburg und im Süden das Gebiet rund um Schmölln und Gößnitz.


Alles, was aus ihrer Sicht für das Altenburger Land wertvoll erschien, packten sie in eine Schatzkiste. Dann war es soweit: Im Juni wurden die reich gefüllten Kisten geöffnet. In drei Veranstaltungen präsentierten die Schatzsuchenden, was da kulturell alles im Altenburger Land funkelt.

           

Kulturschatzkisten – und was da so drin ist

Den Anfang machte das Meuselwitzer Team im Haus am Milchberg in Kriebitzsch. Sie und ein lauer Junisommerabend luden zu einer Vernissage in das frisch sanierte Hofhaus - das allein war schon einen Besuch wert. Die dort inszenierte Ausstellung beschäftigte sich mit Freiräumen und Leerständen auf vielen verschiedenen Ebenen. Da waren Fotografien von leerstehenden Häusern kunstvoll in einer Wandcollage zusammengesetzt und "Naturschätze“ auf großen Bildern festgehalten. Die konnte man zunächst mit kühlem Getränk in der Hand beschauen und entweder gleich oder später mit bei selbstgemachten Burgern darüber sprechen. Auch einen eigenen Film hatte das Team produziert und vorgeführt, in dem Freiräume als Vorteil für die Region gezeigt wurden – ein Perspektivwechsel gegenüber dem Klagen von Leerständen.

„Wir wollen der Frage nachgehen, welche Möglichkeiten und Chancen unbespielte Orte und Leerstände in Bezug auf kulturelles und künstlerisches Leben haben können und konkrete, auch öffentliche Orte für Performance und Installation sichtbar machen“, erklärten Designerin Barbara Gebhardt und Künstlerin Eva Weymann, die sich unter anderen im Team rund um Meuselwitz engagierten.

Karin Günther vom Verein Kohlebahn in Meuselwitz erschuf sogar eine Skat-Landkarte von dem Gebiet ihrer Schatzsuche. Sie markierte besondere Orte, Häuser und Bauwerke mit den 32 Zeichen eines Skatblattes und regt damit das Erzählen über diese kulturellen Highlights spielerisch an.



Eine zweite Präsentation gefundener Schätze zeigte das Team, das sich mit der Region rund um die Stadt Altenburg beschäftigte, an einem sonnigen Sonntag in einem leerstehenden Laden in der Burgstraße/Ecke Sporenstraße. Das Team grub seine Kulturschätze im wahrsten Sinne aus und widmete sich ganz den unterirdischen Lebenswelten, die unsere Stadt zu bieten hat: Höhler (also Gänge, Nischen und Gewölbe), Schienenreste, kostbare Mineralien und Steine. So traten die Besucher dann auch in einen mit schwarzem Stoff abgehängten Raum und hatten gleich das Gefühl, unter der Erde zu sein. Zahlreiche Fotografien aus ihren Erkundungstouren in den unterirdischen städtischen Gewölben, Kellern und Gängen hingen mit Stricken und Steinen fixiert mitten im Raum und machten die Besichtigung selbst zu einem kleinen Abenteuer mit Taschenlampe. Ein kurzes Video nahm die Besucher mit auf die spannende und geheimnisvolle Entdeckungstour unter Tage. Auch Edelsteine und Mineralien funkelten auf den kleinen und großen Podesten, die im Geschäft verteilt standen. Dazu gab es faszinierende Geschichten, die Andreas Joseph vom Naturkundemuseum Mauritianum erzählte.

Darüber hinaus widmeten sich die Schatzsuchenden Katja und Matthias Brachert der Frage: Warum hat Altenburg kein Skatfest? In ihren Überlegungen erschaffen sie organisatorische, logistische und gesellschaftliche Voraussetzungen, damit solch ein Fest umgesetzt werden könnte. Eine Umfrage über die soziale Medienplattform Facebook hat ergeben, dass ein Skatfest von den Altenburgern mehr als gewünscht ist und sich viele darüber freuen würden.



Zu guter Letzt öffnete das Schmöllner Team seine Schatzkiste und ließ seine vielen Funde im Gewölbe unter dem Schmöllner Rathaus strahlen. Die Mitstreiter des Teams begaben sich unter anderem auf Grenzsteinsuche, besorgten sich dafür eine alte Landkarte aus dem Staatsarchiv. Gesammelt wurden hier Geschichten rund um die alten „Blöcke“, welche die Schatzsuchenden oft erst einmal vom Moos befreien mussten, damit sie die Markierungen darauf erkennen konnten.

 „Manchmal enden die Erzählungen, die wir dazu finden, auch tragisch, wie im Falle einer Frau, die beim Transport von Gurken ums Leben kam“, recherchierte die an der Schatzsuche teilnehmende Künstlerin Sabine Müller.

Im Fokus des Teams standen auch Kirchturmköpfe, die Kunst des Scherenschnitts, Knöpfe, Mundart und das Handwerk verbunden mit Familiengeschichten, die als Schatz gehoben wurden. So widmete sich Fotografin Anne Neumann bei ihrer Suche beispielsweise dem letzten Knopfmacher von Schmölln und porträtierte ihn sehr eindrucksvoll im Spiegelbild seines für die Region kulturell bedeutsamen Handwerks.



Ziel der bisherigen Schatzsuche war es, für die jeweiligen Altenburger Gebiete möglichst viele (Kultur)Schätze zu heben, diese in ihrer tradierten Form zu erkennen und sichtbar zu machen – um daraus neue Perspektiven für künstlerisch-kulturelles Leben auf dem Land zu entwickeln. Dies wird in einer zweiten Phase des Projekts seit August weiterverfolgt.

 

TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel

Das Projekt „Der fliegende Salon – Kulturaustausch im Altenburger Land“ wird gefördert von „TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel“, einer Initiative der Kulturstiftung des Bundes, sowie durch die Thüringer Staatskanzlei.

Mit TRAFO hat die Kulturstiftung des Bundes 2015 ein Programm initiiert, das ländliche Regionen in ganz Deutschland dabei unterstützt, Veränderungsprozesse in der regionalen Kulturarbeit anzustoßen. Die beteiligten Kulturinstitutionen, Kulturämter und Kulturaktiven reagieren auf gesellschaftliche Herausforderungen vor Ort, entwickeln ein neues Selbstverständnis ihrer Aufgaben und neue Formen der Zusammenarbeit – miteinander und im Austausch mit Politik, Vereinen und Initiativen. Museen, Theater, Musikschulen und Kulturzentren verstehen sich als Begegnungsorte, öffnen ihr Programm und ihre Räume. Kulturämter entwickeln sich zu regionalen Netzwerkstellen für Kultur, befördern Beteiligungsformen und etablieren neue Unterstützungsangebote. Sie alle richten den Blick auf regional relevante Themen und die Anliegen der Menschen in ihrer Region. TRAFO trägt dazu bei, die Bedeutung der Kultur in der öffentlichen Wahrnehmung und die kulturpolitischen Strukturen in den Kommunen und Landkreisen dauerhaft zu stärken.

Von 2015 bis 2021 unterstützte TRAFO vier Regionen bei der Weiterentwicklung ihrer kulturellen Infrastruktur. In der zweiten Phase wurden von 2019 bis 2024 sechs weitere Regionen gefördert.


Kontakt und Informationen zur Schatzsuche:

Anja Fehre, Erlebe was geht gGmbH

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