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Max Bretzmann

„Das Queersein, ohne dass es ein Thema ist, gehört zur Vielfalt einer Gesellschaft.“

Kunsthistoriker Stefan Maier und Geschäftsführer Kirk Peiffer lebten schon in Berlin und München, in Boston und in der Nähe von Washington. 2021 haben sich beide bewusst für Altenburg entschieden – weil sie die Stadt lieben gelernt haben. 2024 waren beide im Organisationsteam des CSD.


Foto und Interview: Max Bretzmann

 

Ihr organisiert einen Christopher Street Day (CSD) in Altenburg, was kann sich Günther darunter vorstellen?

Kirk: Der CSD ist ein Fest, zu dem alle eingeladen sind, die die queere* Community unterstützen wollen. Es ist aber auch ein politisches Statement, sich für die Rechte der queeren Community einzusetzen.

Der CSD erinnert an den damals ersten bekanntgewordenen Aufstand der queeren Community in den 1960er Jahren in der Christopher Street in New York. Warum braucht es nach so vielen Jahren immer noch einen CSD?

Stefan: Ich glaube, den braucht es immer mehr! Es gibt ja im Prinzip keine Grauzonen mehr, es gibt unheimlich viele Anfeindungen gegen das queere Lager und da muss man Flagge zeigen.

 

Wie kam es dazu, einen CSD in Altenburg zu organisieren, kann Günther das auch?

Kirk: Wir wollten uns in die Stadtgesellschaft einer Stadt integrieren, in die wir kaum Verbindungen hatten. Bei der wir uns aber sicher waren, dass es sich total lohnen würde, hier zu leben und sich hier zu engagieren. Für mich war es nach der Teilnahme am CSD 2022 in Altenburg ein logischer Schritt, meine Unterstützung für den CSD 2024 zu leisten. Und selbstverständlich kann Günther den CSD unterstützen, denn Günther ist doch weltoffen!

 

Warum braucht es auch in Altenburg einen CSD?

Kirk: Ein CSD in Frankfurt, Berlin oder Leipzig hat ein großen Event-Charakter. In Altenburg ist dieser eher kleiner. Das liegt daran, dass es meines Erachtens ein Gefälle zwischen Stadt und Land in der Akzeptanz und Einordnung von Vielfalt in der Gesellschaft gibt. Das Queersein, ohne dass es ein Thema ist, gehört auch zur Vielfalt einer Gesellschaft. Aus meiner Erfahrung kann ich sehr viel Positives berichten. Aber es gibt auch Fälle, bei denen queeren Menschen Dinge passiert sind, die strafbar sind. Wenn die Gesellschaft etwas duldet, was strafbar ist, sprich Anfeindungen und Diskriminierungen, dann haben wir gesellschaftlich noch einiges an Arbeit zu leisten.

 

Sind da die Paragraphen der Gesetzte sogar progressiver als einige Gruppen in der Gesellschaft?

Kirk: Ja, die gesetzlichen Normen sollen für ein gutes und sicheres Leben für alle in der Gesellschaft sorgen. Diese Normen werden jedoch auch von denjenigen missachtet, die sich gerade beispielsweise nicht gehört fühlen. Der CSD soll genau das Gegenteil bewirken. Er ist eine Einladung für alle, die für eine offene Gesellschaft stehen und ein Zeichen setzen wollen, sich nicht gegenseitig anzufeinden und für ein weltoffenes Thüringen einzutreten.

Stefan: In den großen Städten hat schlicht der Kommerz übernommen. In Altenburg ist es weiterhin eine politische Veranstaltung und das ist gut so.

 

Was bedeutet queeres Leben für euch in Altenburg?

Stefan: Das ist keine Frage, die ich mir stelle. Wir finden die Stadt toll, wir fühlen uns wohl. Ich bin Teil dieser Stadtgesellschaft, ob queer oder nicht.

Kirk: Stefan und ich haben beide vor Altenburg in Metropolen wie Boston oder Berlin gelebt, da gab es natürlich eine queere Szene. Wir müssen realistisch sein, da hat Altenburg noch Potential. Aber das suchen wir nicht, wir suchen einen Ort an, dem wir uns wohlfühlen und ein friedliches Leben haben können, egal wie wir uns kleiden, egal wo wir einkaufen, egal welchen Handwerker wir beauftragen. Wir sind dankbar, wie freundlich und zuvorkommend wir hier auch auf den Ämtern behandelt werden.

 

Die Stadt Altenburg hat den CSD auch 2024 wieder unterstützt, denkt ihr das ist Bereitschaft der Stadt Altenburg an sich oder Zugzwang?

Stefan: Ich denke Bereitschaft und Zugzwang halten sich die Waage.

 

Warum denkst du das?

Stefan: Ich denke, es ist immer eine Sache der Abwägung.

Kirk: Wenn es wirklich Bereitschaft wäre, dann würde eine Person aus der Stadtverwaltung die Aufgabe übertragen bekommen, auf das Planungsteam zuzugehen und die Organisation des CSD aktiv unterstützen.

Stefan: Ich habe kürzlich beim Münchener CSD gesehen, dass alle Straßen im Zentrum beflaggt waren und das kann ich mir auch in Altenburg vorstellen.

 

Braucht es eine:n Queerbeauftragte:n der Stadt?

Stefan: Es wäre ein Signal, dass das Thema in der Stadt angekommen ist.

Kirk: Auffällig ist immer das, was fehlt.

 

Kann Günther auch zum CSD kommen?

Stefan: Wenn Günther neugierig ist, sollte er mal schauen, was in seiner Stadt los ist.

Kirk: Günther kann auch nur am Rande mal schauen und sich abseits mitreißen lassen aber auch gern in die Menge gehen und mitfeiern.

 

Was denkt ihr, was Günther über den CSD denkt?

Stefan: Der wird sagen, „ist doch eine ganz lustige Truppe!“

 

Fotos: Andy Drabek (1), Daniel Rosengarten (2,3)


* Queer ist heute eine Sammelbezeichnung für sexuelle Orientierungen, die nicht heterosexuell sind; sowie für Geschlechtsidentitäten, die nichtbinär oder nicht cis-geschlechtlich sind. Alles klar? Sonst einfach mal googeln!

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